Die Quellen der Informationen in diesem Blog sollen Selbsterfahrung und Selbsterkenntnis sein.
Auf wissenschaftliche "Beweisführung" soll hier ausdrücklich verzichtet werden.
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2017-11-01
Du willst mir etwas wegnehmen!
In 2016 wurde ich eingeladen, eine Gesprächsrunde zum Thema Willensfreiheit zu leiten. Bemerkenswert hierbei ist noch, dass dieses Gespräch in einem Verein stattfand, dessen Motto es ist, die eigene Persönlichkeit durch Selbsterkenntnis weiter zu entwickeln. Nachdem ich meine Beiträge vorgetragen und darüber reichlich diskutiert worden war, sagte eine Teilnehmerin, “Ich habe das Gefühl, dass du mir etwas wegnehmen willst.”
In der Tat kommt es Menschen, die bisher von der Willensfreiheit ausgegangen sind, so vor, als soll ihnen etwas weggenommen werden. Jedenfalls kommt es jenen so vor, die die Willensfreiheit als etwas Gutes und Wertvolles ansehen, als eine kostbare Errungenschaft des Menschen, als etwas, dass den Menschen erst zum Menschen macht, oder etwas in der Art.
Wenn einem etwas weggenommen wird oder werden soll, erzeugt es ein ungutes Gefühl. Ungute Gefühle muss der Mensch nach Möglichkeit vermeiden oder jedenfalls so gering wie möglich halten. Das bestimmt das Naturgesetz des Verhaltens.
Die einfachste Möglichkeit ist die, es den drei Affen nachzumachen. Manche versuchen es in der Tat auf die Weise. Wenn man aber in einer Gesprächsrunde mit dem Thema konfrontiert wird, scheidet diese Möglichckeit natürlich aus.
Die nächste Möglichkeit ist die der Abwehr. Dann wird versucht, die vorgetragenen Argumente durch Gegenargumente zu entkräften. Da wird dann in die Schatzkiste des Wissens gegriffen und so manches aus dem Hut gezaubert, von dem man glaubt, die Freiheit des Willens beweisen zu können. Gerne werden dann Wissenschaftler und Philosophen zur Hilfe genommen, die doch ganz klar bewiesen hätten, dass der Mensch über einen freien Willen verfügt. Und auf diese Weise hat man sich dann wieder einmal “beweisen”, dass die eigene (von anderen ungeprüft übernommene) Sichtweise die richtige ist. Das Gefühl der Unlust ist damit aufgelöst.
Die dritte und schwierigste - weil dort noch größere ungute Gefühle drohen - Möglichkeit ist die, sich der anderen Sichtweise vorbehaltlos zu stellen und zu prüfen. Wer sich für diese Möglichkeit entschliesst, der muss ja davon ausgehen, dass er am Ende der Prüfung zu der Erkenntnis kommt, dass seine bisherige Sichtweise ein Irrtum war, dass er einen Fehler gemacht hat. Sich geirrt oder einen Fehler gemacht zu haben, erzeugt ungute Gefühle. Je bedeutsamer das war, worin man sich geirrt hat oder je schlimmer die Folgen dessen, was sich als Fehler herausstellt, um so größer das ungute Gefühl. Ungute Gefühle müssen aber nach Möglichkeit vermieden werden. Diese Hürde nehmen wir nur, wenn wir das ungute Gefühl als Notwendigkeit ansehen, noch größere ungute Gefühle zu vermeiden, oder als Preis, um gute Gefühle zu erleben. Hierfür findet jeder ausreichende Beispiele in seinem Leben. Den Gang zum Zahnarzt geht man, obwohl dort keine guten Gefühle zu erwarten sind, weil wir der Meinung sind oder erfahren haben, dass es ohne dem zu noch größeren unangenehmen Gefühlen kommt oder kommen kann. Die Plackerei des Studiums nehmen wir in Kauf, weil wir mit dem Wissen und dem Abschlussdiplom bessere Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt haben.
Warum sollte jemand, der bisher mit seinem Leben zufrieden ist, dann diese dritte, die schwierigste Möglichkeit ergreifen? Er sieht nicht, dass grössere ungute Gefühle drohen, wenn er bei seiner Meinung bleibt. Dann bleibt nur das andere Motiv: Er müsste sich sein Leben als noch “besser” vorstellen können, wenn er seine bisherige Sicht gegen die neue Sicht ausgetauscht hätte. Und diese Vorstellung müsste so starke angenehme Gefühle erzeugen, die stärker, (ge-)wichtiger als die unangenehmen Gefühle sind, die sich aus dem Eingeständnis ergeben, sich geirrt zu haben.
Welche Vorstellungen könnten sich bilden, wenn man mal so tut, als wäre der Wille nicht frei, sondern unterläge wie alles in unserem Universum dem Gesetz von Ursache und Wirkung?
Dann würde es Ursachen geben dafür, wie man sich verhält, was man will, was man sich wünscht. Dann würde man sich die Ursachen anschauen und man würde nach Möglichkeiten suchen, diese Ursachen zu verändern oder neue zu bilden. Jedenfalls würde man das eigene Verhalten und das Verhalten anderer besser verstehen. Mindestens müsste man keinen “bösen” Willen mehr unterstellen, sondern wissen, dass, was auch immer man selbst oder jemand anderes will, durch bestimmte Ursachen zustande kam. Wir werden erkennen, dass jeder nichts anderes wollen kann, als das, was ihm im jeweiligen Moment als das Beste erscheint.
Und dieses “Erscheinen” ist nicht frei zu steuern.
Über dieses “Erscheinen” und “Das Beste” an anderer Stelle.
Ihr/Euer H1
h1_heinz - 15:29:34 @ Willensfreiheit - Eine Illusion | Kommentar hinzufügen
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